7. Lange Nacht der Religionen betont den Zusammenhalt in der Gesellschaft

Am Samstag, den 8. September, fand in Berlin zum 7. Mal in Folge die Lange Nacht der Religionen statt. 97 verschiedene religiöse Gemeinschaften, spirituelle Gruppen oder interreligiöse Initiativen öffneten ihre Gebets-, Gottes oder Gemeindehäuser für interessierte Menschen. Sie informierten mittels Hausführungen, Gesprächen, Ausstellungen, Konzerten, Gottesdiensten, Meditation, Workshops oder Vorträgen über ihren Glauben und ihre jeweilige Glaubenspraxis. Über 6000 Menschen folgten der Einladung an diesem Abend, wie der Koordinator der Langen Nacht der Religionen, Dr. Thomas M. Schimmel, am Sonntag mitteilte.
„Die Rückmeldungen aus den Gruppen waren ausschließlich positiv“, berichtet Thoms M. Schimmel resümierend. „Zwischen drei und 300 Menschen kamen zu den unterschiedlichen Veranstaltungen. Alle Gruppen berichten von guten Gesprächen, schöner Atmosphäre und einem rundum gelungenen Abend“. Der Zweck der Langen Nacht der Religionen, so Schimmel weiter, sei wieder erfüllt worden: Religionen und Stadtgesellschaft seien ins Gespräch miteinander gekommen und die sehr unterschiedlichen Gemeinschaften hätten deutlich gemacht, dass sie sich für den Zusammenhalt und den Dialog in unserer pluralen Gesellschaft einsetzten. Die nächste Lange Nacht der Religionen findet am 15. Juni 2019 statt.

Eröffnet wurde die Lange Nacht der Religionen am Mittag mit der Weißen Tafel der Religionen auf dem Gendarmenmarkt. An einem ca. 25 Meter langen weißen Tisch trafen sich um die 150 Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen, um über Gott und die Welt zu plaudern. Die Sikh-Gemeinde aus Reinickendorf steuerte Fingerfood und indischen Tee bei, viele Gäste brachten Brot, Kuchen und Süßigkeit mit. An diesem Mittag konnte man auf dem Gendarmenmarkt neben buddhistischen Nonnen auch den Sufi-Sheikh Eşref Efendi und viele Mitglieder seines Ordens treffen. Außerdem kamen Sikhs, Hindus, Christen, Muslime, Spiritisten und Mitglieder vieler anderer religiöser Gruppen. Auch ein Agnostiker war anzutreffen. Passanten und Touristen gesellten sich zu den Gläubigen, die vorbehaltlos miteinander sprachen, essen und tranken. Eine amerikanische Touristin war erstaunt über das friedliche Miteinander der Religionen und äußerte gegenüber den Organisatoren der Weißen Tafel anerkennend, dass sie das so in Deutschland nicht für möglich gehalten hätte.

Menschen vieler Religionen trafen sich bei der Weißen Tafel der Religionen.

Schon am Nachmittag öffneten einige spirituelle Gruppen ihr Türen. So luden verschiedene pagane Gruppen ins ‚Familienzentrum Menschenskinder‘ in Friedrichshain ein, das sie für ihre Veranstaltungen gemietet hatten. An Informationsständen, bei Vorträgen und verschiedenen Ritualen konnte man sich über die unterschiedlichen Strömungen und Gruppen informieren sowie Bücher und Devotionalien erwerben. Seit drei Jahren nehmen die Paganen Wege und Gemeinschafen an der Langen Nacht der Religionen teil. Ihr Treffpunkt bei der Langen Nacht hat sich inzwischen zu einer Art „Paganem Kirchentag“ entwickelt, bei dem sich die bundesdeutsche Szene trifft.

Im Sikh-Tempel.

Seit der ersten Langen Nacht der Religionen 2012 mit dabei ist immer auch der Sikh-Tempel in Reinickendorf. Dr. Singh führte am Samstagabend mit einem Vortrag in die Geschichte und den Glauben der Sikh ein. Er betonte, dass für den Sikh-Glauben die Gleichheit aller Menschen konstitutiv sei. Die Besucherinnen und Besucher konnten bei ihrem Besuch rituelle Gesänge und Lesungen aus dem Guru Granth Sahib, dem heiligen Buch dar Sikhs, erleben sowie am Langar, dem zum Gottesdienst gehörenden gemeinschaftlichen Essen teilnehmen.

In der Neuköllner Begegnungsstätte „Dar es Salam-Moschee“ war Kunst und Kultur im Islam das prägende Thema. Künstlerinnen und Künstler entführten die Besucherinnen in die Welt der Ebru-Kunst, der Kaligraphie und der Musik. Imam Taha Sabri betonte in den Gesprächen den Wert der Wissenschaft und der Kultur im Islam: „Wir bemühten uns hier in der Moschee im Dialog mit Nichtmuslimen immer wieder, dies deutlich zu machen – und so die Vorurteile abzubauen, die die Schönheit des Islam in der gegenwärtigen Zeit überlagern“.

Muslime, Buddhisten und Christen auf dem Gendarmenmarkt.

Nüchterner ging es dagegen bei der franziskanischen Initiative 1219 und dem Kathedralforum St. Hedwig zu. Hier beschäftigte sich eine Gesprächsrunde mit der Rolle Mariens im Christentum und im Islam. Ein passendes Thema für diesen Tag, feiert die katholische Kirche am 8. September doch den Geburtstag Mariens. War man sich bei der Charakterisierung Mariens als reine und jungfräuliche Frau einig – als solche wird Maria im Koran beschrieben – herrscht doch unterschiedliche Auffassung bei ihrer Rolle als Gottesgebährerin. Diesen Titel lehnt der Islam ab, da er Jesus für einen herausragenden Menschen, aber nicht für Gott hält. Das Gespräch widmete sich später dann auch der Frage, warum sich sowohl im Christentum als auch im Islam trotz herausragender und beispielgebender Frauen patriarchale Strukturen so massiv durchgesetzt haben.

Von diesen Themen war im buddhistischen Fo-Guang-Shan Tempel nichts zu hören. Dort widmete man sich der praktischen Arbeit bei Kalligrafie und Tee Zeremonie und zelebrierte zum Schluss des Abends eine beeindruckende Lichter-Zeremonie mit einem Gebet um den Weltfrieden.

Fo-Guang-Shan Tempel.

Beendet wurde die Lange Nacht der Religionen um 23 Uhr mit einem Nachtgebet im Lichtermeer vor der St. Hedwigskathedrale in Mitte. Etwa 70 Menschen kamen, um mit Texten und kurzen Gesängen aus verschiedenen Religionen das friedliche Zusammenleben der Religionen zu betonen und auf die Notwendigkeit des Friedens und des Zusammenhaltes in der Gesellschaft hinzuweisen. Bis nach Mitternacht blieb man nach dem Gebet noch bei Tee, Wasser und Saft zusammen, um auf den Stufen der Kathedrale über die Erlebnisse des Tages zu sprechen.

Auch nach den Gebeten blieb man noch bis nach Mitternacht auf den Stufen der St. Hedwigskathedrale zusammmen.