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Bericht: JVA Moabit

Stimmen von Besucher:innen der Langen Nacht der Religionen 2023

Nervös tippeln die etwa 20 Besucher*innen auf der Stelle vor dem grauen Eingangsbereich. Ob die Sicherheitskontrolle lange dauert? Wurde auch an alles gedacht? Ganz bestimmt sind wir nicht die einzigen, die heute etwas aufgeregt sind.

Es ist Samstagabend und gleich geht es los: Die Lange Nacht der Religionen, die hier erstmals hinter Gittern stattfindet.

Die kleine Gruppe Menschen steht nun also vor der JVA Moabit, der Justizvollzugsanstalt für erwachsene Männer in Untersuchungshaft, und lauscht gespannt den herzlichen Willkommensworten der Leiterin Frau Stein.

Inspiriert und organisiert durch den Gefängnisseelsorger Thomas-Dietrich Lehmann hatten Menschen von “draußen und drinnen” erstmals die Möglichkeit, die Lange Nacht der Religionen im Gefängnis zu erleben. Ca. 30 Inhaftierte und 20 Gäste von außerhalb verweilten zwei Stunden in der Gefängniskapelle der JVA Moabit, wo eine Bühne und ein kleines Buffet in überraschend angenehmer Atmosphäre zu Musik, Gebet und Erzählungen einluden.

Den Auftakt des Abends machte der Gefangenenchor, unter der Leitung von Markus Wettstein, mit den Liedern “Wade in the water”, “I will follow Him”, einem beeindruckenden Freestyle sowie dem jiddischen Lied “Dona, Dona”.

Der ev. Gefängnisseelsorger Herr Lehmann und seine kath. Kollegin Stephanie Kersten führten durch das Programm und auch die alevitischen und muslimischen Gefängnisseelsorger (Furkan Ekici) kamen im Verlauf des Abends zu Wort.

Tragender Main Act war die Musikjugendgruppe “ESTAbien” aus Neuruppin, die aus “zugewanderten alleinreisenden” Jugendlichen sowie lokalen Kids besteht. Dem begeisterten Publikum stellten sie ihre neuste Produktion vor; das 7. Album “Gemeinsam einsam”.

In der 15 min. Konzertpause wurde sich am Büffet rege untereinander ausgetauscht. Die Gäste von außen, die Inhaftierte von innen und die Gefängnisbediensteten, die diesen besonderen Abend übrigens außerhalb ihres regulären Dienstes beaufsichtigten, begegneten sich, redeten und lachten miteinander.

Unsere päd. Referentin Indra Bahía war mit dabei und lässt die vielen außergewöhnlichen Eindrücke und Geschichten noch auf sich wirken. Vielen herzlichen Dank für die Möglichkeit, dieser besonderen Premiere der Langen Nacht der Religionen beizuwohnen!

*In der JVA Moabit wohnen derzeit ca. 900 Inhaftierte in U-Haft. Die Untersuchungshaft dauert in der Regel zwei Wochen bis drei Monate, kann in Einzelfällen aber auch 9 Monate oder sogar 9 Jahre dauern, bis ein Gerichtsurteil die Insassen von einer Haftstrafe entweder freispricht, sie mit Geldstrafe belegt oder sie ggf. in andere Gefängnisse (in den offenen oder geschlossenen Vollzug) umquartiert.

Tipp: Ein tolles Musik- und Rapprojekt mit den Inhaftierten der JVA Plötzensee und unseres “Alles für die Jugend” Sängers Matondo in Zusammenarbeit mit dem “Gefängnistheater Aufbruch” finden Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=wDHvYYGHKe4.